Was sind binaurale Beats?


Das Wort „binaural“ kommt aus dem Lateinischen und bedeutet „mit beiden Ohren“. Binaurale Beats entstehen, wenn man über Kopfhörer zwei leicht unterschiedliche Frequenzen hört – eine auf dem linken Ohr, eine andere auf dem rechten. Der entscheidende Punkt: Diese beiden Töne müssen sich in ihrer Frequenz nur minimal unterscheiden, typischerweise um weniger als 30 Hertz (Hz).

Nehmen wir ein konkretes Beispiel: Wenn das linke Ohr einen Ton von 300 Hz empfängt und das rechte Ohr einen Ton von 310 Hz, dann „hört“ das Gehirn einen dritten Ton – den binauralen Beat – mit einer Frequenz von 10 Hz. Diese 10 Hz ergeben sich aus der Differenz zwischen den beiden ursprünglichen Frequenzen (310 Hz minus 300 Hz).

Das Bemerkenswerte daran: Dieser dritte Ton existiert nicht in der physikalischen Realität. Es gibt keine Schallwelle von 10 Hz in der Luft. Stattdessen entsteht dieser Beat ausschließlich als Konstrukt unseres Gehirns.

Wie funktioniert der Mechanismus im Gehirn?

Wenn die beiden unterschiedlichen Frequenzen die Ohren erreichen, werden sie zunächst getrennt verarbeitet. Im Hirnstamm, genauer gesagt in einem Bereich namens Olivenkomplex, treffen die Nervensignale beider Ohren aufeinander. Hier vergleicht das Gehirn die eingehenden Frequenzen miteinander.

Durch diesen Vergleichsprozess entsteht ein rhythmisches Muster – der binaurale Beat. Das Gehirn registriert gewissermaßen die „Schwebung“ zwischen den beiden Tönen. Dieser Prozess ist vergleichbar mit dem Phänomen, das entsteht, wenn zwei Gitarrensaiten minimal verstimmt sind und man ein rhythmisches Schwellen und Abschwellen des Klangs hört – nur dass bei binauralen Beats dieser Effekt neuronal im Gehirn erzeugt wird.

Warum sind Kopfhörer notwendig?

Binaurale Beats funktionieren nur mit Kopfhörern oder Ohrhörern. Der Grund ist einfach: Die beiden unterschiedlichen Frequenzen müssen streng getrennt bleiben, sodass jedes Ohr nur seine spezifische Frequenz empfängt. Bei Lautsprechern würden sich die Schallwellen in der Luft vermischen, und beide Ohren würden beide Frequenzen gleichzeitig hören. Damit würde der notwendige Verarbeitungsprozess im Gehirn nicht stattfinden.

Die verschiedenen Frequenzbereiche und ihre angeblichen Wirkungen

Binaurale Beats werden oft in Kategorien eingeteilt, die den natürlichen Gehirnwellenmustern entsprechen:

Delta-Wellen (0,5-4 Hz): Diese sehr langsamen Schwingungen sind mit Tiefschlaf und Regeneration verbunden. Binaurale Beats in diesem Bereich sollen beim Einschlafen helfen.

Theta-Wellen (4-8 Hz): Theta-Frequenzen sind mit Meditation, Kreativität und dem Übergang zwischen Wachsein und Schlaf assoziiert. Sie treten auch während des Träumens auf.

Alpha-Wellen (8-13 Hz): Alpha-Wellen dominieren bei entspanntem Wachzustand, etwa beim meditativen Ausruhen mit geschlossenen Augen. Sie werden mit Stressreduktion und leichter Entspannung in Verbindung gebracht.

Beta-Wellen (13-30 Hz): Diese Frequenzen sind typisch für aktives Denken, Konzentration und Problemlösung im normalen Wachzustand.

Gamma-Wellen (über 30 Hz): Die schnellsten Gehirnwellen werden mit höheren kognitiven Prozessen und intensiver geistiger Aktivität assoziiert. 

   

Praktische Anwendung

Menschen nutzen binaurale Beats für verschiedene Zwecke: zur Meditation, zum Einschlafen, zur Steigerung der Konzentration beim Lernen oder Arbeiten, oder einfach zur Entspannung. Die Anwendung ist unkompliziert: Man setzt Kopfhörer auf, wählt eine Aufnahme mit der gewünschten Frequenz und hört für eine bestimmte Zeit zu – typischerweise zwischen 15 und 30 Minuten.

Wichtig zu wissen: Binaurale Beats sind für die meisten Menschen harmlos, sollten aber nicht von Personen mit Epilepsie oder schweren psychischen Erkrankungen ohne ärztliche Rücksprache verwendet werden, da rhythmische Stimulation theoretisch Anfälle auslösen könnte.

Zusammenfassend lässt sich sagen: Binaurale Beats sind ein interessantes neurologisches Phänomen, dessen praktischer Nutzen jedoch noch nicht abschließend wissenschaftlich geklärt ist. Ob sie tatsächlich mehr bewirken als angenehme Hintergrundmusik mit suggestiver Wirkung, bleibt eine offene Frage.